Montag, 20. August 2012

oder?


Für die meisten Deutschen wär das ein Fall für den Container....
Zerflederte, verwaschene, alte BH's zieht hierzulande wohl kaum noch Jemand an, und die Mühe, sie zu reparieren muss man sich ja nicht machen. Schliesslich gibt es ja Kleidercontainer, die armen Afrikanerinnen sind bestimmt froh, überhaupt was BH-mäßiges zu bekommen, oder? Da machen die paar Löcher doch nix... In Africa ist es doch sowieso heiß, da ist ne kleine Lüftung doch gut, oder?

Und überhaupt. Wieso Zeit und Mühe aufwenden, wenn man doch für kleines Geld neue Unterwäsche bei diversen Textil-Discountern oder Billigläden bekommen kann? Und wenn's nicht mehr gefällt, ab in die Tonne. Mit Kleiderspenden tut man ja noch was Gutes, oder? Die armen Afrikaner wollen ja auch was anziehen. Und die armen Chinesen freuen sich über volle Auftragsbücher und Akkordarbeit in 20-Stunden-Schichten unter unmenschlichen Bedingungen. Oder?



Ich geb es zu: ich habe teilweise auch daran geglaubt und danach gehandelt.
Mit einem monatlichen "Einkommen" von 100 Euro während der 3-jährigen Umschulung konnte ich mir nur Sachen von K*K leisten.
Und ich habe auch wirklich daran geglaubt, das unsere gespendeten Klamotten noch was Gutes tun und an Bedürftige kostenlos verteilt werden.


Rosarote Traumwelt und gutverkaufte Lügen...



Aus Geldmangel hab ich schon immer Sachen, die kaputt waren oder nicht mehr passten oder mir nicht mehr gefielen so gut es ging repariert, aufgearbeitet, umgearbeitet oder aufgehübscht.
Aber nachdem ich jetzt relativ kurz hintereinander zwei wirklich erschütternde Dokumantationen im Fernsehen gesehen hab, werde ich wohl so weit wie möglich keine neuen Klamotten mehr kaufen und nichts mehr in den Kleidercontainer geben, sondern so weit wie möglich alles Recyclen. Oder Upcyclen. Oder Refashionieren.
Deshalb hab ich auch grad diese verwaschenen, vergrauten und kaputten BH's repariert. Sie sind schon ca. 2 Jahre alt und sitzen immer noch gut, sind aus schön atmungsaktiver Baumwolle und werden jetzt hoffentlich noch ein Weilchen halten. Für die Flicken hab ich übrigens Restschnipsel meiner selbstgenähten Leggings verwendet.
In Zukunft werde ich wohl auch versuchen, erst mal meine gehorteten Stoffschätze aufzuarbeiten, keine neuen Stoffe zu kaufen, und wenn Stoffkäufe, dann alte.
Ich sage bewußt "versuchen", weil das mit Sicherheit gar nicht so einfach wird. Schliesslich gibt es sooo viele tolle neue Stoffe... Seufz... ;-)



In diesem Video wird gezeigt, wie unsere schönen billigen Wegwerf-Jeans produziert werden.




Und hier kann man sehen, was mit den deutschen Kleiderspenden wirklich passiert, wieviele Leute sich ne goldene Nase daran verdienen und dafür die afrikanische Textilindustrie zerstört und zig Textilarbeiter in die Arbeitslosigkeit und damit in bitterste Armut getrieben haben.

6 Kommentare:

Silvia hat gesagt…

Ja, das ist ein Thema das mich auch schon oft beschäftigt hat.
Kleidung lange anziehen, reparieren, recyclen, zum Schluß werden aus den T-Shirts noch Putzlappen geschnitten oder Fleckerlteppiche,....
Selbst viele deutsche Hersteller fertigen in D nur die Musterkollektion. GLOBALISIERUNG!
LG Silvia

Susanne hat gesagt…

Schon längere Zeit bringe ich keine Sachen mehr zum Kleidercontainer oder in die Altkleidersammlung - ich bringe meine Kleidung, die noch in Ordnung ist, zum Sozialkaufhaus in der Nähe, da weiß man, dass sie wirklich noch verwendet wird. Dort kann übrigens jeder kaufen, auch ich habe schon tolle Sachen für kleines Geld dort gekauft... Bettwäsche aus der ich für meinen Enkelsohn Schlafsäcke genäht habe, T-Shirts für mich und den Kleinen und, und, und...

Sonnige Grüße
Susanne

Mädchenkram hat gesagt…

Ich glaub, das Thema ist wirklich grad ziemlich aktuell.
Mich ärgert vor allem, wie die Verbraucher oft belogen werden und wirklich denken, mit den Kleiderspenden Bedürftigen zu helfen!
Sozialkaufhaus ist ne gute Idee, hier gibt es auch eins, war bisher (warum eigentlich??) noch nie dort.

Liebe Grüße,
Martina

Madame Luna hat gesagt…

Gut, dass du die beiden Filme in deinem Blog zeigst. Ich hab sie mir angesehen, teils wusste ich davon, aber alles war mir nicht bewusst. Mein eigenes Verhalten werde ich noch einmal überdenken und auch ändern. Schade, dass viele Leute so hinters Licht geführt werden, die glauben zu helfen. Die Links hab ich schon weitergegeben.
LG Luna

Petruschka hat gesagt…

Meine Schwägerin arbeitet in besagtem Werk in Wolfen. Seitdem sie mir mal davon erzählt hat, wie das alles zusammenhängt, bringe ich die Sachen nur noch zur Tafel oder "vererbe" sie Kindern von Schülern. Es ist eine riesige Sauerei, uns so für dumm zu verkaufen.

LG, Petruschka

dornrös*chen living now hat gesagt…

hallo martina, hab dich gerade über lydia, die malerin, gefunden...die jeans-reportage hab ich auch im tv gesehen, grauslig, oder? da will man sich wirklich keine mehr kaufen...ich nähe auch supergerne aus alten sachen oder stoffen was neues, hab im letzten post erst ein "neues"kleid aus altem stoff gezeigt...wäre toll, wenn das viel mehr machen würden.
sachen, die bei uns keiner mehr tragen mag, bringe ich ins kleiderlädchen, da kann sie jedermann-frau für kleines geld kaufen und das lädchen finanziert sich aus spenden und den einnahmen aus den klamottis.
also, weiter so !! :)
liebe grüße von dornrös*chen!