Freitag, 27. Februar 2009

ohne Worte

Jetzt starre ich schon seit bestimmt 30 Minuten in den Bildschirm.
Blicklos.
Tränenblind.
Und kann es immer noch nicht richtig fassen.
Mein Papa hat angerufen.
Die Fehldiagnose war leider keine.
Die Diagnose steht jetzt fest.
Sie haben den Tumor gefunden.
Im Dünndarm.
Und die Leber ist zu 2/3 voller Metastasen. Bösartige.
Und der Tumor ist ein ganz besonderer. Hab leider vergessen, wie das Mist-Ding heisst. Es ist so einer, der auch Hormone produziert. Und wohl nur ganz schlecht zu beseitigen ist. Ob, und wenn ja wann, operiert wird, ist noch nicht sicher.
Der Professor sagte, er macht das jetzt seit 25 Jahren, aber von der Sorte hatte er erst zwei.

Ich finde keine Worte.
Warum???
Warum immer wieder?

Wie wird es jetzt weiter gehen?
Rebecca weiß es noch gar nicht.
Mir graust davor, das ganze noch mal mitzumachen.
Woher nehme ich diesmal die Kraft, meinen in namenlosem Schmerz verstummten Vater zu trösten?
Und meine kleine Schwester, die jetzt auch ihre zweite Mama verliert?

Scheiße-scheiße-scheiße-scheiße

In solchen Momenten drängt sich immer wieder die Frage auf, ob es einen liebenden Gott gibt, und warum er dieses zuläßt.
Ich weiß, das die "Warum-Fragen" nichts bringen.
Man zerquält sich nur das Hirn und findet keine Antwort.
Und doch... schreit es die ganze Zeit in mir...

W A R U M ???
Warum läßt Du sowas zu, Gott???


Kurz vor Mamas Tod habe ich eine Karte gekauft, die ich ihr aber nicht mehr geben konnte.


Die schwerste Bitte:
Dein Wille geschehe

"Dein Wille geschehe!" So sprach ich auch gern,
als Not und Trübsal und Sorge fern.
Dann kamen Stunden, so bang und so schwer,
da wollt' es kaum über die Lippen, o Herr.
Wenn das Herze blutet, die Seele weint,
wenn der helle Tag uns wie die Nacht erscheint,
dann, dann ist es so unsagbar schwer
zu sprechen: "Dein Wille geschehe, o Herr!"
Dann möchte ich rufen: "Herr, muss es denn sein?
Nur das nicht, nur das nicht, o Vater mein!"
Und das Herze sträubt sich, den Weg zu gehn,
es kann den Allmächtigen nicht verstehn,
und es ruft wohl in all dem Schmerz und der Pein:
"Mein Gott, mein Gott, soll das Liebe sein?"
Und wieder und wieder: O Vater, vergib,
vergib meine Zweifel, Du hast mich doch lieb.
Verzehrt sich mein Herz auch in Weh und in Pein,
muss dennoch Dein Weg der rechte sein.
Dein Wille geschieht zwar,
wenn ich's auch nicht will.
Doch macht dieses Wissen das Herze nicht still.
Herr, lehr Du mich rufen von Herzensgrund,
dass ich spreche mit dem Herzen,
nicht nur mit demMund:
"Dein Wille geschehe! - Nicht, wie ich will!"
Nur so wird es in m ir allmählich still.
Herr, wende mein Herz ganz ab von der Welt,
und führe Du mich, wie es Dir gefällt.
Sind rauh auch die Wege und dornenvoll,
ich weiß, Du führest mich dennoch wohl.
Dies soll meine tägliche Bitte sein:
Dass ich nichts mehr begehre als Dich, Herr, allein.
Dein Wille gescheh, wenn die Sonne lacht,
Dein Wille gescheh auch in Trübsalsnacht,
Dein Wille gescheh, jetzt und ewiglich,
so nimm Herz und Hände und führe mich!
Wenn ich auch das Ziel Deiner Wege nicht seh',
Du führst doch mich wohl, Herr:

DEIN WILLE GESCHEH!

(ein Autor ist nicht genannt. Karte Nr. 16, Verlag Ernst Franz Postfach 1262, 72543 Metzingen)




der Song passt ganz gut... Die Melodie von "Auld lang syne". Das Lied heisst auf deutsch "Nehmt Abschied, Brüder..."
Wie passend...

Das passt auch.
"Will you be there, when the night comes?
When the glory is over and the chill comes?
Will you still be there?"



Diese Frage hatte ich damals meiner Mama mit "JA!" beantwortet.
Und Ruth antworte ich dasselbe.
Was ich jetzt tun kann, weiß ich noch nicht. Aber irgendwas wird es schon geben. Doof, das die so weit weg wohnen. Aber vielleicht kann ich helfen, wenn Ruth aus dem Krankenhaus kommt.
Jetzt hab ich ja sogar Pflege-Erfahrung.

6 Kommentare:

feierflo hat gesagt…

ja grosse schwester
ez ist sie da die entgültige gewissheit
habe heute auch nen block angefangen ... link kommt bei gelegenheit
auf einmal ist es wieder present
sehe seit dem anruf die ganze zeit mamas gesicht
und habe den beiden gewünscht das ruht net so leiden muss wie mama
oh gott wie können wir das schaffen ??
rebecca trösten ... papa ... issa ... die zwerge ... uns ?
nochmal jemandem beim sterben zusehen ?
oh gott das schaffe ich net

Mädchenkram hat gesagt…

Ach, Lizzy,
genau das geht mir auch die ganze Zeit durch den Kopf...
Könnte grad nur noch heulen.
Hatte so gehofft, das es "nur" chronischer Magen oder sowas ist.

SCHEISSE!!!!!!!!!!

ich hab grad immer das Bild vor Augen, wie Marissa draussen im Garten steht kurz nach Mamas Beerdigung und einen Strauß voll Gänseblümchen in die Luft wirft: "für Dich, Oma!!"

Ravena vom Waldesrand hat gesagt…

mir fehlen leider auch die worte, die ich euch geben möchte, um euch ein wenig zu trösten....

es tut mir sehr leid für eure ganze familie.
ich wünsche euch weiterhin ganz viel kraft. haltet zusammen.

liebe grüße von EMMA

Anonym hat gesagt…

@Feierflo: "Beim Sterben zusehen"? Diese Worte tun sogar mir unsäglich weh, und ich kenne Dich nicht. Aber ich bin Betroffene dieser Krankheit, bin inoperabel und praktisch austherapiert, kämpfe um jeden Tag und auch öfter mal gegen den Tod. Und ich habe meine Prognose... Dass mir jemand "beim Sterben zusieht" wäre das letzte, was ich wollen würde, das letzte, was ich erleben möchte, und das letzte, was ich ertragen könnte. Klar, es ist einfacher zu gehen als zurückzubleiben. Aber stell es Dir für Kranke nicht einfach vor, zuzusehen, wie man mit dem eigenen Leid auch noch anderer Leute Kummer verursacht...

@Ritterstern: Wer will das operieren? Und wo? Man kann richtig viel falsch machen dabei... Tumor raus - Karzinoide Krise ausgegelöst. Oder anders gesagt: Tumor raus - Patient tot. Also bitte erkundigt Euch nach der Kompetenz der Ärzte! Einer, der erst zwei derartige Fälle gesehen hat, ist nicht der richtige Arzt, um daran herumzudoktern!

(Ups, ich mische mich gerade in fremde Angelegenheiten ein! Macht man nicht, ich weiß. Mache ich normalerweise auch nicht. Aber in diesem Fall...)

Grüße Gina (die jede Menge Daumen drückt)

Mädchenkram hat gesagt…

Gina, ich bin froh, das Du Dich einmischst!!!
Weil Du ja (leider) schon genug Erfahrung mit diesem Sch... gemacht hast, machen musstest.
Im Nachhinein frag ich mich auch oft, ob die Sache bei meiner Mama anders verlaufen wäre, wenn sie möglicherweise in kompetentere Hände gefallen wäre. Sie hatte einen Hirntumor, ein Glioblastom, angeblich früh erkannt aber zu groß und zu dicht am Stammhirn um zu operieren. Bestrahlungen hat sie aber erst 6 Wochen nach der Diagnose verordnet bekommen.

Ich hoffe, ich erreiche meinen Vater demnächst, um näheres zu erfahren!!

Ach, und ich glaub, Lisa meinte das noch anders. Aber Du hast recht, wir sehen immer nur unseren Blickwinkel als Mit-Betroffene, aber irgendwie aussenstehende. Ich fühl mich grad sehr egoistisch, weil ich die Sache nur aus meiner Sicht sehe, und nur meinen Kummer bzw. den der Zurückbleibenden sehe. Und nicht, wie Du und Ruth und andere "direkt Beteiligte" es sehen. Manchmal braucht man auch Jemandem, der einen durch andere Augen sehen lässt.

LG
Martina

Anonym hat gesagt…

Tja... Ich kenne auch die Seite der Aussenstehenden... Auch dieses: Verdammt, schon wieder werde ich verlassen! Es ist Wut dabei, Verzweiflung, Trauer - schon zu Lebzeiten desjenigen, der aber noch lebt - und auch leben will!

Ich erlebe jetzt mehr Glück als früher, wo mein Leben noch unendlich schien. Ich genieße Momente, Kleinigkeiten, die ich nie wahrgenommen habe. Und wenn dann jemand bei mir ist, der nur an meinen Tod denkt... Verstehst Du? Ich will LEBEN - und weiß, dass ich sterben werde. Und es ist gut so.

Denkt bitte ans Leben! Denkt daran, die schönen Momente einfach zu genießen, nicht darüber hinaus zu denken. Denkt ans Sterben, wenn es sich anbietet, redet offen darüber, damit ihr eben nicht überfordert seid, wenn es soweit wäre. Aber bitte nicht ständig. Das zieht Betroffene total runter. Außerdem: Wer sagt uns denn, dass wir nicht überleben - mit dieser Krankheit sicher nicht lange, aber einige Jahre können es schon sein. Abhängig natürlich von der Aktivität der NeTs, vom Alter, vom Allgemeinzustand...

Verweigerung und Verdrängung ist genauso schlecht wie zu starkes sich damit beschäftigen; die Kunst ist es, die Balance zu finden zwischen starken und schwachen Momenten. Es tut so gut, wenn man sie zulässt, zulassen kann. Denkt mal darüber nach.

Gina